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Weshalb die Rheininsel das Leben und die Menschen prägt

Schon mehr als 100 Jahre ist die Gemeinde Diepoldsau, zu der auch der Ortsteil Schmitter gehört, eine Insel.

Seit Eröffnung des Rheindurchstichs 1923 liegt sie grösstenteils zwischen neuem Rheinkanal und stillgelegtem altem Rheinlauf, der zum Naturschutz- und Erholungsgebiet wurde. Als einzige Rheintaler Gemeinde befindet sich Diepoldsau östlich des Rheinlaufs und hat eine Brückenfunktion zu Vorarlberg, insbesondere ins benachbarte Hohenems.

Davon profitiert die Wirtschaft. Aus dem einstigen Bauern-, Sticker- und Schmugglerdorf hat sich Diepoldsau zur aufstrebenden Gemeinde mit innovativen Industrie- und Gewerbebetrieben entwickelt. Zu Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts profitierte der Ort vom Boom der Stickereiindustrie. 1915 brachte die elektrische Strassenbahn die direkte Verbindung nach Heerbrugg. Die Zeit vom Ersten bis nach dem Zweiten Weltkrieg war geprägt von regem Schmuggel: erst von Fadenspulen, Sacharin und Kaffee, dann von Devisen, 1938 von Flüchtlingen, ab 1945 von Nylonstrümpfen und Pelzmänteln.

Erstmals urkundlich erwähnt ist Diepoldsau 890 – unter dem Namen „Thiotpoldsouva„. Der Name soll auf einen Mann namens Thiotpold zurückgehen, der Land am Rhein bewirtschaftete. Im Mittelalter gehörte Diepoldsau zum Königshof Kriessern, der Ortsteil Schmitter zu jenem von Lustenau. 1798 wurden Schmitter und Widnau der Gemeinde Diepoldsau zugeteilt. Die Abtrennung von Widnau erfolgte 1883.

Heute zählt Diepoldsau-Schmitter, das sich auf einer Fläche von 11,2 km2 erstreckt, rund 7000 Einwohnerinnen und Einwohner sowie etwa 3700 Arbeitsplätze. Die Ortsgemeinde Diepoldsau hat weiterhin Grundeigentum auch in Oberriet, und die Ortsgemeinde Schmitter im vorarlbergischen Lustenau, bekannt unter dem Namen „Schweizer Ried“.

 

Die Widnauer Industriegeschichte ist von zwei Unternehmen geprägt: der Viscose und der Stickereifabrik Jacob Rohner.

Letztere betrieb neben dem Hauptsitz in Rebstein auch in Lüchingen, Buttikon (Schwyz) und Widnau eine Schifflistickfabrik. Insgesamt arbeiteten 3000 Personen für die Firma. In Widnau entstand auch eines der von Ordensschwestern geführten Mädchenheime, wo Rohner junge Arbeiterinnen aus Italien unterbrachte.

Zum Stickereidorf wurde Widnau auch durch die Einzelsticker. Dass der Ort später seinen Weg aus der Stickereikrise zur weiteren Industrialisierung fand, lag am geschärften Sinn der Sticker für Präzisionsarbeit. Die wichtigste Ansiedlung war jene der Viscose: 1924 suchte die Kunstseidenfabrik Emmenbrücke Baugrund, Arbeiter und Wasser für einen weiteren Fabrikstandort – und fand das in Widnau, auch dank Vermittlung durch Ernst Schmidheiny. Dazu gab die Ortsgemeinde Widnau Boden ab. In den besten Zeiten bot die später in Viscosuisse umbenannte und auf die Produktion von Nylongarn spezialisierte Fabrik 1300 Arbeitsplätze. 2006 wurde die Produktion eingestellt. Seither wandelte sich die Brache des Viscoseareals zu einem neuen Industriepark mit Dutzenden Firmen.

Nebenbei: Widnau ist die jüngste Gemeinde im Kanton St.Gallen. Erst 1883 wurde Widnau eigenständig. Zuvor gehörte es 80 Jahre lang zu Diepoldsau-Schmitter. Erstmals erwähnt wurde Widnau als „Widenouwe“ im Jahr 1303.

Widnau ist stetig gewachsen, zählt seit 2021 mehr als 10‘000 Einwohnerinnen und Einwohner und ist nach Altstätten die zweitgrösste Gemeinde im Rheintal. Flächenmässig ist sie mit 4,2 km2 die zweitkleinste nach Rheineck, steuertechnisch nach Balgach die zweitgünstigste.

Unternehmen

  • LÄSSER AG

    LÄSSER AG

    Die LÄSSER AG ist Weltmarktführerin im Bereich der Grossstickmaschinen. 1982 erfolgte der Startschuss zur Entwicklung der ersten computergesteuerten Lässer Stickmaschine. Diese wurde in Lustenau in Betrieb genommen. Zur LÄSSER AG gehört auch die einstige PSA, ein klassischer Lohnfertiger, der 2022 übernommen und integriert wurde, um das Tätigkeitsfeld zu diversifizieren. 1995 erhielt die PSA, noch unter dem Namen Paul Schilling AG, den damals erstmals verliehenen Preis der Rheintaler Wirtschaft. Die LÄSSER AG ist auch Mehrheitseigentümerin der Menzi Muck Gruppe AG. 2022 konnte sie die Sparte Stickmaschinen von Saurer Arbon übernehmen.

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  • EgoKiefer AG

    EgoKiefer AG

    Die EgoKiefer AG, gegründet 1932 von Ernst Göhner in Altstätten, ist führend in innovativen und nachhaltigen Fenster- und Türenlösungen. Neben dem Hauptsitz im Rheintal ist EgoKiefer an acht Vertriebsstandorten in der Schweiz tätig. 1957 verliess das erste Kunststoff-Fenster der Schweiz die Produktion in Altstätten. Heute ist EgoKiefer die Nummer 1 im Schweizer Fenster- und Türenmarkt mit Werken in Langenwetzendorf (Deutschland) und Pravenec (Slowakei). Seit 2021 ist die Firma Teil der dänischen DOVISTA-Gruppe und zählt rund 400 Mitarbeitende. 2011 wurde Thomas Gerosa, damals CEO von EgoKiefer, Rheintaler Unternehmer des Jahres.

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  • Noventa AG

    Noventa AG

    Die 1994 gegründete Noventa AG ist auf die Entwicklung und Fertigung von Kunststoffkomponenten, funktionalen Baugruppen und kompletten Produktsystemen spezialisiert. Neben dem Hauptsitz in Diepoldsau hat Noventa Standorte in Rumänien und Thailand und zählt ein Team von rund 800 Mitarbeitenden. 1999 erhielt die Noventa AG den Preis der Rheintaler Wirtschaft.

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  • Sieber AG

    Sieber AG

    Die Sigmund Sieber AG ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen mit Sitz in Diepoldsau, das seit 1934 im Rheintal verwurzelt ist. Spezialisiert auf die Produktion von Kies, Sand und Transportbeton, betreibt die Firma moderne Werke in Diepoldsau, Oberriet und Widnau. Umweltbewusstes Handeln, etwa durch Elektro-LKWs, grosszügige PV-Anlagen und Förderung der Biodiversität an ihren Standorten, ist fest in der Unternehmensphilosophie verankert. Über die Schwesterfirma SI Sieber Immobilien AG engagiert sich das Unternehmen zudem erfolgreich in der Immobilienbranche.

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  • Zünd Precision Optics

    Zünd Precision Optics

    Zünd Precision Optics wurde 1968 von den Brüdern Bruno und Eugen Zünd als «Zünd Präzisionsoptik» gegründet. Heute ist die Firma Marktführerin für Kompakt- und Mikroprismen, die vorwiegend in der Medizintechnik zum Einsatz kommen. Bei ihrer Gründung produzierte «Zünd Präzisionsoptik» Prismen, Spiegel und Filter. Heute zählt die die Firma 75 Mitarbeitende und beliefert Kunden in der Medizintechnik, Industrie- und Messtechnik, Laseroptik sowie Telekommunikation. Seit 2009 ist der Hauptsitz in Diepoldsau. Unter demselben Dach befindet sich seit 2018 die unabhängige Firma Optivac, die auf die Bedampfung optischer Komponenten spezialisiert ist.

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  • Greiner Packaging AG

    Greiner Packaging AG

    Der Standort Diepoldsau der Greiner Packaging AG entstand im Jahr 2000 aus dem Zusammenschluss der Greiner GmbH mit der ortsansässigen Sandherr AG. Die Firma wurde als Max Sandherr AG mitten im Zweiten Weltkrieg gegründet. Damals startete sie in den Räumen einer ehemaligen Stickerei und produzierte zunächst Dosen. Heute werden am Standort Diepoldsau mit rund 350 Mitarbeitenden Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff und Karton-Kombinationen produziert. Die Greiner Gruppe ist ein weltweit führender Anbieter von Kunststoff- und Schaumstofflösungen und beschäftigt weltweit in über 30 Ländern mehr als 10'000 Mitarbeitende.

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  • Berhalter AG

    Berhalter AG

    Die 1960 gegründete Berhalter AG ist ein Familienunternehmen im Maschinen- und Werkzeugbau. Es ist auf die Herstellung hochpräziser Stanzmaschinen und -werkzeuge zur Verarbeitung dünnster Folie ab Rolle spezialisiert. Die Firma ist globaler Marktführer in der Verpackungsindustrie und ein renommierter Name in der Luft- und Raumfahrt. Seine Stanzmaschinen dienen etwa der Produktion von Deckeln und Etiketten für Joghurt, Tierfutter, Kaffeekapseln oder Getränkeflaschen. Die Firma produziert Teile für Satelliten und Raketen. 1996 wurde die Berhalter AG mit dem Preis der Rheintaler Wirtschaft ausgezeichnet.

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  • Rauch Trading AG

    Rauch Trading AG

    Auf dem 350‘000 Quadratmeter grossen Viscosepark haben sich viele neue Firmen angesiedelt, so auch die Rauch Trading AG. Sie produziert als Lohnabfüllerin Red Bull für den Weltmarkt. Im modernen Dosenabfüllwerk füllen 240 Mitarbeitende rund 2,5 Milliarden Dosen pro Jahr ab. Dafür werden rund 20‘000 Kubikmeter Wasser sowie ein Viertel der Schweizer Zuckerproduktion benötigt.

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  • Ball

    Ball

    Wand an Wand mit der Rauch Trading AG liegt die Produktionsstätte von Ball, dem weltweit grössten Produzenten von Getränkedosen. Die Ball Beverage Packaging Widnau GmbH liefert einen Teil der produzierten Dosen auf dem Fliessband direkt in die Hallen von Rauch Trading. Pro Tag stellen die rund 200 Mitarbeitenden von Ball bis zu über 10 Millionen Dosen her.

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  • Plaston AG

    Plaston AG

    Eine weitere international agierende Firma ist die Kunststoffwerk Plaston AG. 1970 entwickelte sie den heute weltbekannten Koffer für den liechtensteinischen Werkzeughersteller Hilti (Hilti-Koffer). Heute zählt die Plaston AG mit ihren drei Werken in der Schweiz, in Tschechien und China weltweit über 400 Mitarbeitende, davon ein Drittel in Widnau. Mit ihren Gerätekoffern ist die Firma Weltmarktführer. 2015 erhielt sie den Preis der Rheintaler Wirtschaft. Aus Plaston entstanden ist die Boneco AG, ein führender Hersteller von Luftbehandlungsgeräten für den Wohnbereich.

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  • saw gruppe

    saw gruppe

    Die saw gruppe ist in den Bereichen Beton-, Fertigbetonelementherstellung, Logistik, Vermietung und Entsorgung tätig. Gegründet wurde das Familienunternehmen 1958 von Adolf Schmitter.

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  • Viscose/Viscosuisse

    Viscose/Viscosuisse

    Die Viscose/Viscosuisse war ein Dorf im Dorf – bis sie 2006 endgültig geschlossen wurde, als in Europa die Textilproduktion zusammenbrach. 2006 wurden das Kesselhaus und der Kamin  gesprengt – Abschluss eines vergangenen, Startschuss eines neuen industriellen Zeitalters.

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  • J. Weder-Meier AG

    J. Weder-Meier AG

    Die J. Weder-Meier AG hat ihren Ursprung in der Krisenzeit 1934. Damals fertigte Jakob Weder mit einer Nähmaschine für die Armee Munitionsbeutel und Gasmasken-Taschen. Daraus entstand eine der grössten und modernsten Hemdenfabriken Mitteleuropas. In den 1980er- und 1990er-Jahren produzierten 350 Näherinnen täglich rund 4000 Kurzarmhemden. Die Firmenleitung befindet sich – in dritter Generation – noch heute in Diepoldsau. Hier sind aber nur noch wenige Personen beschäftigt. Aus Kostengründen wurde die Produktion erst nach Tschechien, dann nach Bosnien verlagert.

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Persönlichkeiten

  • Brunke Julius

    Brunke Julius

    Julius Brunke (1844– 1927) eröffnete 1885 in der ehemaligen Seidenspulfabrik Merian & Custer eine Schifflistickfabrik. 1913 beschäftigte Brunke 134 Mitarbeitende. Brunke stammte aus Braunschweig, zog in die Schweiz und war zunächst Mechaniker bei der Firma Saurer in Arbon, bevor er Stickereiunternehmer in Diepoldsau wurde.

  • Sieber Selina und Sigmund

    Sieber Selina und Sigmund

    Sigmund Sieber nahm 1934 mit seinem Vater den Kiesabbau in Diepoldsau auf. Zusammen mit Sigmunds Frau Selina erweiterten sie die Geschäftstätigkeiten auf Beton und Immobilien. Heute wird das Unternehmen in vierter Generation geführt. Neben dem Stammwerk in Diepoldsau hat es Werke in Widnau und Oberriet. Zweites Standbein ist ein ausgedehntes Immobilien-Portfolio. Die Sigmund Sieber AG sorgt dafür, dass die Tafeln des Industriewegs sicher stehen, hat sie doch die Betonsockel gesponsert.

  • Lässer Franz

    Lässer Franz

    Ihre Wurzeln hat die LÄSSER AG in der 1954 von Franz Lässer im Dorfzentrum gegründeten mechanischen Werkstätte. Er stellte unter anderem Teile und Anlagen für bestehende Stickmaschinen her und führte Reparaturen, Elektrifizierungen und Revisionen von Stickmaschinen durch. Nach dem Eintritt von Franz Lässer Junior 1970 und Anton Lässer 1973 wuchs die bis heute als Familienunternehmen geführte LÄSSER AG stetig.

  • Weder Gustav

    Weder Gustav

    Gustav Weder, geboren 1961 in Diepoldsau, ist einer der erfolgreichsten Bobpiloten überhaupt. Zweimal wurde er Olympiasieger im Zweierbob (1992 in Albertville, 1994 in Lillehammer), dazu gewann er zwei weitere Olympiamedaillen, wurde fünf Mal Weltmeister und sieben Mal Europameister.

  • Thurnherr Walter

    Thurnherr Walter

    Walter Thurnherr, Bürger der Ortsgemeinde Diepoldsau, geboren 1963, war während acht Jahren, von 2016 bis Ende 2023, Schweizer Bundeskanzler. Diese Funktion wird oft als „achter Bundesrat“ bezeichnet. Thurnherr hatte zuvor diverse Aufgaben in der Bundesverwaltung inne. An der ETH Zürich hatte er theoretische Physik studiert.

  • Köppel Christa

    Köppel Christa

    Christa Köppel war die erste Frau im Kanton St.Gallen, die eine Gemeinde präsidierte. Sie war von 1999 bis 2023 Widnauer Gemeindepräsidentin und engagierte sich für die Wiederbelebung des Viscose-Areals.

  • Berhalter Friedrich

    Berhalter Friedrich

    Friedrich Berhalter gründete 1960 zusammen mit seinem Sohn Fritz die mechanische Werkstätte «fbw» für Drehen, Fräsen und Bohren, die zur Berhalter AG wurde. Fritz hatte seine Werkzeugmacherlehre bei Wild Heerbrugg absolviert.

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